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Bestimmungen über die aktorische Kaution auf britische Kläger nicht anwendbar

Wien, 09.06.2022

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union warf zahlreiche Unsicherheiten zur bilateralen Rechtsvollstreckung auf. So musste sich der Östereichische Oberste Gerichtshof vor kurzem mit dem Thema aktorische Kaution beschäftigen (23.03.2022, 4 Ob 30/22y).

Die aktorische Kaution (§57 öZPO) bezweckt, einen inländischen Beklagten davor zu schützen, von einem ausländischen Kläger, der ihn erfolglos in Anspruch genommen hat, keinen Prozesskostenersatz zu erlangen; als Prozesskostensicherheit soll die aktorische Kaution damit insgesamt vor missbräuchlicher oder kostenverursachender Rechtsanmaßung durch ausländische Kläger schützen.

Der Oberste Gerichtshof entschied am 23.03.2022 (Geschäftszahl 4 Ob 30/22y), dass ein britischer Kläger einem österreichischen Beklagten keine aktorische Kaution leisten muss. Der Oberste Gerichtshof begründet die Entscheidung mit der durch die Ratifizierung des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen in Zivil- und Handelssachen (HGÜ) durch das Vereinigte Königreich am 28.09.2021 vereinbarten Vollstreckungspflicht zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich. Aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung sei das Argument der beklagten Partei, die fehlende Vollstreckungspraxis von österreichischen Titeln im Vereinigten Königreich würde signifikante Unsicherheiten für österreichische Vertragspartner aufwerfen, nicht stichhaltig.

Diese Entscheidung ist Teil eines wachsenden Körpers von post-Brexit Rechtsprechungen in der Europäischen Union. Nachdem ein harter Brexit im letzten Moment durch ein Handelsabkommen mit der EU vermieden werden konnte, erklärte Premierminister Boris Johnson, die hinterbliebenen Ein-flüsse der EU auf die Normenhierarchie zugunsten britischer Unternehmen anpassen zu wollen. Somit ist davon auszugehen, dass EU Unternehmen auch in Zukunft vermehrt mit rechtlichen Unsicherheiten konfrontiert sind.

 

Autor: Mag. Kristina Steflitsch / Mag. Johannes Zink, hba Rechtsanwälte Wien, Österreich