Aktuelles

Zivil- und strafrechtliche Pfändung international: Bemerkenswertes Urteil der luxemburgischen Rechtsprechung

Luxemburg, 18.05.2018

Pfändungen im luxemburgischen Recht hatten wir bereits in unserem Beitrag vom 1. August 2016 thematisiert, als wir die verschiedenen Pfändungsarten vorgestellt und erläutert hatten. Anknüpfend an diesen Beitrag berichten wir im Folgenden über einen Fall der luxemburgischen Rechtsprechung mit internationaler Konfliktkomponente.

Das Urteil, das die 18. Zivilkammer des Luxemburgischen Bezirksgerichts am 9. November 2017 verkündet hat, ist auf dem Gebiet der luxemburgischen Pfändungen einmalig.

Zum besseren Verständnis unserer Rechtsprechung werden wir zunächst noch einmal den Unterschied zwischen ziviler Geldforderung bei einem Drittschuldner und strafrechtlicher Pfändung (I) erläutern, bevor wir näher auf die obige Rechtsprechung (II) eingehen.

1) Unterschied zwischen zivilrechtlicher Geldpfändung (saisie-arrêt) und strafrechtlicher Beschlagnahmung ( saisie pénale)

Wenn das Gericht eine Forderung  für unbestritten erachtet, kann bei einer zivilrechtlichen Pfändung ein Gläubiger anhand einer Forderung Gelder bzw. Geldforderungen des Schuldners beschlagnahmen, die sich bei einem Dritten (meist der Arbeitgeber oder eine Bank) befinden. Für den Antrag auf Pfändung ist ein Vollstreckungstitel gegen den Schuldner noch nicht erforderlich. Dieser ist jedoch spätestens bei der Validierung der Pfändung vorzubringen.

Die strafrechtliche Beschlagnahmung hat zur Folge, dass der Schuldner die Verfügungsgewalt über pfändbares Vermögen verliert. Abhängig vom Abschluss des Strafverfahrens gegen den Schuldner werden die beschlagnahmten Gelder eingezogen oder an den Tatverdächtigen zurückgegeben.

2) Rechtsprechung vom 9. November 2017

Im Rahmen eines belgischen strafrechtlichen Urteils wurde die Summe von 384.000 Euro, die sich auf Konten des Angeklagten bei der Banque de Luxembourg befanden, von der Staatsanwaltschaft eingezogen (confisqué).

Zivilrechtlich wurde durch dieses belgische Urteil dem Geschädigten ein Betrag von einer Million Euro plus Zinsen zugesprochen.

Dieses Urteil wurde von der geschädigten Partei in Luxemburg durch ein Exequaturverfahren für rechtskräftig erklärt, was dem Geschädigten erlaubte, ein ziviles Pfändungsverfahren (saisie-arrêt) auf die Konten des Verurteilten, ebenfalls bei der Banque de Luxembourg, einzuleiten.

Ab diesem Zeitpunkt waren die Konten bei der Banque de Luxembourg aus strafrechtlicher Sicht für den Betrag in Höhe von 384.000 Euro, sowie aus zivilrechtlicher Sicht in Höhe von einer Million Euro (zzgl. Zinsen 1.540.000 Euro) gepfändet.

Parallel hat der belgische Staat, ebenfalls durch ein Exequaturverfahren, die Rechtskraft des belgischen Urteils in Luxemburg erwirkt.

Art. 31 des luxemburgischen Strafgesetzbuches erlaubt der geschädigten Partei, einen Antrag auf Zuteilung auf die entzogenen Konten (fonds confisqués) zu stellen, wenn berechtigte und begründete Ansprüche bestehen.

Durch das Urteil vom 9. November 2017 und durch das Validierungsurteil des zivilrechtlichen Pfändungsverfahrens wurde der geschädigten Partei  sowohl die Summe von 380.000 Euro ausbezahlt als auch die zivilrechtlich gepfändete Summe von einer Million Euro plus Zinsen.

Trotz strafrechtlicher Beschlagnahmung hat im konkreten Fall die geschädigte Partei die ihr zugesprochene Entschädigung auf zivilrechtlicher Ebene erhalten.

Autor: Anne-Marie Schmit, Rechtsanwältin

ETUDE ANNE-MARIE SCHMIT