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Französische Studie zur Effizienz europäischer Insolvenzverfahren

Paris, 22.04.2021

Im Januar 2021 hat der "Conseil National des Administrateurs Judiciaires et des Mandataires Judiciaires de France" (Nationaler Rat französischer Justizbeamter und Justizvertreter) eine Studie über die Effizienz kollektiver Verfahren in ganz Europa durchgeführt, in der insolvenzrechtlichen Regelungen und die Effizienz von Insolvenzverfahren in Deutschland, Spanien, Italien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Frankreich verglichen wurden.

 

Was Frankreich betrifft, so zeigt die Studie:

 

  1. Frankreich ist das einzige Land, in dem zwei Gruppen von Interessenvertretern im Insolvenzverfahren beteiligt sind. Der eine - der Verwalter - vertritt die Interessen des Schuldners, der andere – der sogenannte Agent - die Interessen der Gläubiger. Diese Berufe sind ähnlich wie in Italien reguliert.
  2. Frankreich verzeichnet aktuell 2,6-mal mehr Insolvenzverfahren als Deutschland und das Vereinigte Königreich. Im Jahr 2019 wurden 65 % der Fälle als Regelinsolvenzverfahren mit dem Ziel der Abwicklung geführt, in 25 % der Fälle hatte das Verfahren das Ziel einer Sanierung des Unternehmens mit dem Mitteln des Insolvenzrechts. Die verbleibenden 10 % entfielen bereits auf das gerade eingeführte präventive vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren.
  3. Im französischen Insolvenzrecht liegt der Fokus auf der Sicherung der Beschäftigung und die Erhaltung der Tätigkeit von Unternehmen. Folglich verfolgen auch 39 % der Unternehmen, die sich im Regelinsolvenzverfahren befinden, einen Business Continuity-Plan, der eine endgültige Liquidation vermeidet. Dieser Wert von 39 % ist mit den 8 % in den Niederlanden, 5 % in Spanien und 4,5 % in Deutschland zu vergleichen.
  4. In Frankreich genießen Ansprüche von Arbeitnehmern eine höhere Priorität als in den Vergleichsstaaten. Allerdings sehen auch alle anderen in der Studie untersuchten Länder Garantien für Ansprüche von Arbeitnehmern vor, wie das in Deutschland etablierte Insolvenzausfallgeld, bei dem die Bundesanstalt für Arbeit für bis zu drei Monate Löhne und Gehälter der beschäftigten übernimmt.

Im Jahr 2020 haben Subventionen, die die wirtschaftlichen Folgen der Covid-Krise abfedern sollen, die Zahl der Insolvenzen in Frankreich gegenüber dem Zeitraum davor sogar erheblich verringert.

Autor: Marc Olivier-Martin, ROOM AVOCATS