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Mögliche Aussetzung der gewerblichen Mieten während der Krise

Luxemburg, 01.06.2020

Die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 zwangen viele luxemburgische Unternehmen dazu, ihre Geschäftstätigkeiten entweder zu reduzieren oder ganz einzustellen.

Da diese Unternehmen nun mit ernsthaften Liquiditätsproblemen konfrontiert sind, gibt es immer mehr Stimmen, die eine Aussetzung der vertraglichen Verpflichtungen bei gewerblichen und beruflichen Mietverträgen fordern.

 

Es steht Vermietern weiterhin frei, den Mietvertrag wegen Nichtzahlung der Miete zu kündigen (Art. 1762-11, luxemburgisches Bürgerliches Gesetzbuch). Räumungen werden jedoch bis zum Ende des Krisenzustands ausgesetzt (Art. 5 Abs. 1, geänderte großherzogliche Verordnung vom 25. März 2020).

So wurde der Abgeordnetenkammer am 6. April 2020 der Gesetzentwurf Nr. 7551 über die Aussetzung der Miete für gewerbliche und berufliche Mietverhältnisse während der Krise und zur Änderung des Gesetzes vom 4. Dezember 1967 über die Einkommensteuer vorgelegt.

Die Kernpunkte dieses noch nicht verabschiedeten Gesetzes sind:

  • Die Aussetzung der Verpflichtung zur Mietzahlung und die Aussetzung des Rechts des Vermieters, einen Mietvertrag wegen Nichtzahlung der Miete während der Krise zu kündigen;
  • die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung von Mietrückständen bis zum 30. Juni 2021;
  • Ein steuerlicher Anreiz, der es dem Vermieter, der die Miete während der Krise reduziert oder auf sie verzichtet, erlaubt, die finanziellen Zugeständnisse, die den Ausgaben angepasst werden, steuerlich abzuziehen (der Betrag ist auf 10.000 EUR begrenzt).

Zudem gibt es eine am 8. Mai 2020 lancierte öffentliche Petition Nr. 1581 mit bereits über 580 Unterschriften, die sich für eine Anpassung der Gewerbemieten je nach Umsatz im Falle außergewöhnlicher Ereignisse wie der COVID-19-Krise und die Möglichkeit für den Vermieter einsetzt, von der Regierung eine Entschädigung für die entgangene Miete zu fordern.

Nach unserer Sicht ist die Mietzahlungspflicht des Mieters bereits ausgesetzt.

Art. 1719 3° des luxemburgischen Bürgerlichen Gesetzbuches sieht vor, dass der Vermieter dem Mieter den ungestörten Besitz der gemieteten Räumlichkeiten während der Dauer des Mietvertrages zu gewährleisten hat.

Der Mieter könnte sich auf die Ausnahme der Nichterfüllung auf der Grundlage von Artikel 1134-2 des luxemburgischen Zivilgesetzbuches berufen, welcher vorsieht, dass jede Partei die Erfüllung ihrer Verpflichtung aussetzen kann, wenn die andere Partei ihre eigene Verpflichtung nicht erfüllt hat.

Der Vermieter könnte jedoch sein Versäumnis, dem Mieter den uneingeschränkten Genuss der gemieteten Räumlichkeiten zu sichern, damit rechtfertigen, dass ein Regierungshandeln während der COVID-19-Krise höhere Gewalt darstellt (eine äußere Ursache, die nicht den Parteien des Mietvertrags zugerechnet werden kann) und dass er darum von seiner vertraglichen Verpflichtung befreit ist (Art. 1147 und 1148 des luxemburgischen Zivilgesetzbuches).

Nach luxemburgischer Rechtsprechung wird bei vorübergehenden unvorhergesehenen Ereignissen die Verpflichtung des Schuldners nur bis zum Ende des Hindernisses ausgesetzt.

Das Vorgehen der Regierung während des Krisenzustands könnte als vorübergehendes unvorhergesehenes Ereignis eingestuft werden.

Somit endet die Aussetzung der Mietzahlungspflicht des Mieters, sobald sein Unternehmen die Tätigkeit wieder aufnehmen kann.

Autorin: Anne-Marie Schmit, Rechtsanwältin

ETUDE ANNE-MARIE SCHMIT