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Frankreich: Neue Regelungen im Arbeitsrecht, Handelsvertreterrecht und Datenschutz

Lyon, 01.10.2018

1. Weitgehend arbeitgeberfreundliche Neuerungen im Arbeitsrecht

a. Betriebsbedingte Kündigungen:

Die Pflicht, dem Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei den ausländischen Standorten des Konzerns anzubieten, wird aufgehoben.

Bei internationalen Konzernen war die betriebsbedingte Kündigung bisher nur dann gerechtfertigt, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten den gesamten Konzern – und damit auch die ausländischen Mutter-/Schwestergesellschaften – betrafen. Die Realitätsprüfung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird nunmehr allein auf die französische (Tochter)Gesellschaft beschränkt.

Zudem beschränkt sich die Rechtmäßigkeitsprüfung der DIRECCTE (arbeitsrechtliche oberste französische Kontrollbehörde) von Massenentlassungen bei zahlungsunfähigen Unternehmen auf das betroffene Unternehmen – und nicht auf den gesamten Konzern. Fakultativ können Arbeitgeber oder auch der Insolvenzverwalter die Konzerngesellschaft um finanzielle Unterstützung ersuchen. Der wirtschaftliche Sozialplan (sog. PSE) und auch die Abfindungsansprüche werden somit verhältnismäßiger und dem betroffenen Unternehmen angepasst.

b. Eingrenzung von Schadenersatzansprüchen im Kündigungsverfahren:

Das ohnehin sehr formelle französische Kündigungsverfahren war von hohen Abfindungssummen für die Arbeitnehmer geprägt, dessen Höhe weitgehend im Ermessensspielraum der Richter lag. Insbesondere standen den Arbeitnehmern bei rechtsgrundloser Kündigung erhebliche Schadensersatzansprüche zu: Bereits ein Arbeitnehmer mit zwei Jahren Betriebszugehörigkeit hatte bei größeren Unternehmen (über 10 Mitarbeiter) einen Schadensersatzanspruch auf mindestens sechs Monatsgehälter; nach oben gab es keine Deckelung.

Für Unternehmen ab 11 Mitarbeitern gelten nun folgende zwingende gesetzliche Maßgaben:

  • Bei einer Betriebszugehörigkeit von unter 1 Jahr: Höchstens 1 Monatsgehalt als Entschädigung;
  • Zwischen 1 und 2 Jahren: Zwischen 1 und 3,5 Monatsgehälter;
  • Ab 3 Jahren: Mindestens 3 Monatsgehälter, die Obergrenze steigt graduell an: 4 (bei 3 Jahren); […] 9 (bei 9 Jahren); […] 13 (bei 15 Jahren) und maximal 20 (ab 30 Jahren).

Für Unternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern gibt es abweichende Untergrenzen bei einer Betriebszugehörigkeit von bis zu 10 Jahren.

 

2. Auftraggeberfreundliche Rechtssprechung im französischen Handelvertreterrecht

Anders als z. B. im deutschen Recht steht dem Handelsvertreter bei Vertragsbeendigung immer ein Ausgleichs-/Entschädigungsanspruch zu. Es ist im französischen Recht somit unerheblich, ob der Auftraggeber nach Vertragsbeendigung weiter Geschäfte mit vom ehemaligen Handelsvertreter akquirierten Kunden tätigt. Der Entschädigungsanspruch des Vertreters entfällt nur dann, wenn letzterer ein schweres Verschulden („faute grave“) begangen hat und daraufhin die Vertragsbeendigung erfolgte.

In einer Entscheidung vom 14. Februar 2018 (Az. 16-26037) hat das oberste französische Gericht entschieden, dass der Entschädigungsanspruch des Vertreters auch dann entfällt, wenn das Verschulden erst nach Vertragsbeendigung entdeckt wurde. Dabei ist es auch unerheblich, ob sich der Auftraggeber bei seiner Kündigung explizit auf schweres Verschulden berufen hatte oder nicht.

Es ist vielmehr entscheidend, dass die Vertragsverletzung des Vertreters vor Vertragsbeendigung stattgefunden hatte. Im vorliegenden Fall hatte der Auftraggeber den Vertrag fristlos ohne Entschädigungszahlung gekündigt und später erst bemerkt, dass sein Vertreter während der Vertragslaufzeit Konkurrenzenzprodukte vertrieben hatte.

 

3. Datenschutzgesetz verabschiedet

Mit Gesetz vom 20. Juni 2018 hat Frankreich seine Datenschutzvorschriften an die DS-GVO angepasst; die Regelungen treten rückwirkend zum 25. Mai 2018 in Kraft. Die französische nationale Datenschutzbehörde CNIL fungiert nicht nur als Kontrollorgan, sondern hat zwischenzeitlich auch diverse Arbeitshinweise und Verhaltenskodizes für Unternehmen erlassen (s. 6-Punkte-Plan: https://www.cnil.fr/fr/principes-cles/rgpd-se-preparer-en-6-etapes sowie praktischer Ratgeber von CNIL/BPI France https://www.cnil.fr/sites/default/files/atoms/files/bpi-cnil-guide-rgpd-tpe-pme.pdf).

Unternehmen sollten ihre entsprechenden Vorgänge kontinuierlich überprüfen, denn Datenschutzverstöße können nunmehr mit Geldbußen von bis zu 20 Mio. EUR oder 4 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes geahndet werden.

 

Autorin: Petra Kuhn, Avocat à la Cour, Diplom-Rechtspflegerin (FH)

ZGS Avocats Associés